Ist Fennymore wirklich fancy?

19 April 2021
© Adam Wakeling

„Fennymore, Fennymore......da bist du ja endlich“ - so fängt die Inszenierung von Kirsten Reinhardt und Sebastian Mauksch an.Ich dachte mir am Anfang, soll ich etwa Fennymore sein? ... Ja, wir Zuschauer sind alle Fennymore.
Ein blaues Fahrrad hat uns in eine andere Welt gebracht, wo wir viele Menschen treffen, die sich uns vorstellen. Dabei lernen wir die verschiedenen Geschichten der Bewohner*innen von Diestadt kennen, wie die von Fennymores Lehrer oder von einer alten Klassenkameradin.

Der Bürgermeister möchte gerne sein Amt auf Lebenszeit behalten, was mache Bürger*innen gut und manche eher schlecht finden. Er versucht durch Geschenke für die Stadtbewohner*innen, Stimmen für sich zu gewinnen und die Bürger zu manipulieren. Dabei werden wir als Zuschauer*innen stark eingebunden, denn schon ab Minute EINS hat man das Gefühl, Teil der Story zu sein und als einer der Hauptcharaktere in der Geschichte mittendrin zu sein. 

Fennymore wird von den Performer*innen wie eine echte Person angesprochen. Dabei werden wir sogar zu kleineren Handlungen aufgefordert und können regelmäßig Kommentare einwerfen. Zum Beispiel werden wir gefragt, wie unsere Traumschule der Zukunft aussieht. Und zum Schluss… da steht die große Bürgermeisterwahl an, wo wir den Ausgang bestimmen können. Regelmäßig gibt es TV- und Wahlwerbesendungen von Bürgermeister Doktor Uhrengut. Und nachdem wir die vielen Wahlversprechen bekommen haben, dürfen wir entscheiden, ob er auf Lebenszeit sein Amt behalten soll. Das Ergebnis ist aber bei jeder Vorstellung anders und wird durch die Zuschauenden beeinflusst. 

Was fraglich ist, ist ob man erwachsende Personen zeigen muss, die rauchen und betrunken sind, und das dabei das als „cool“ darzustellen, bei einem Stück für ein Publikum ab 9 Jahren. Obwohl der "Bösewicht" wohl der freundlichste Bösewicht ist, den ich kenne, gibt es viele fragwürdige oder seltsame Szenen. Zum Beispiel wird gesagt, dass die Freundin von Fennymore Papierhüte falten musste, was wohl ein Hinweis darauf ist, dass sie im Arbeitslager war. 

Außerdem fehlt der Aufführung sehr deutlich, dass sie nicht vor Publikum aufgeführt werden kann, sondern online. Die Atmosphäre kommt so nicht genügend rüber.

Es ist gut, dass dieses Stück den Zuschauer*innen Demokratie näher bringen möchte, und dass jede*r, egal welchen Alters, eine Gesellschaft mitgestalten kann. In Zeiten von Debatten, ob das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden soll, ist dieses Thema sehr aktuell.

Trotzdem würde ich das Stück nicht ab 9 Jahren empfehlen.

Florian | Redaktion Hingucker*innen

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