Ein intersektionales Festival
Vielfalt steht im Mittelpunkt von AUGENBLICK MAL! 2021. Wir haben uns vorgenommen unser Festival neu zu denken. Für alle zu denken. Ein intersektionales Festival. Aber was bedeutet das?
Intersektionalität beschreibt die Tatsache, dass keine der Strukturkategorien wie Geschlecht, Klasse, Nationalität, Alter, Rassifizierung, sexuelle Orientierung etc. für sich alleine steht. Diese Kategorien wirken sowohl für sich alleine, als auch in Zusammenspiel auf gesellschaftliche Machtverhältnisse zusammen.
Wir müssen niemandem erklären, dass Theater ein Spiegelbild der Gesellschaft sein sollte – auf der Bühne, hinter der Bühne und in den verschiedenen Entscheidungsinstanzen. Diese Wechselwirkungen müssen beachtet und in ihrem Zusammenspiel mitgedacht werden, wenn man zum Beispiel ein Festival für das Theater für junges Publikum ausrichtet.
Dies anzuerkennen ist der erste Schritt. Aber wie sieht das in der Praxis eines Festivals aus?
Was machen wir konkret? Ein digitales Festival bietet Menschen mit Mobilitätsbehinderung die Möglichkeit, einfacher teilzunehmen. Doch das Digitale ist nicht barrierefrei und so erklären wir in ausführlichen Tutorials wie die digitalen Instrumente funktionieren. Wir verankern Hinweise auf praktische Shortcuts und unseren telefonischen Technik-Support sichtbar auf allen Plattformen, um das Festival zugänglicher zu machen.
Wir zeigen ausgewählte Inszenierungen und Gespräche mit Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache und übersetzen alle Inszenierungen und einen Großteil der Gespräche ins Englische. Auch gibt es Triggerwarnungen zu den Stücken, um im Vorfeld über physische Trigger und inhaltliche Warnungen zu informieren.
Das Festival wird begleitet von einem Awareness-Team, das während und nach dem Festival für euch da ist. An dieses Team könnt ihr euch wenden, solltet ihr diskriminierende Erfahrungen während des Festivals erleben. Es ist auch für Kritik und Anregungen ansprechbar. Ihr erreicht das Team unter awareness@augenblickmal.de.
Kritik und Anregungen sind ein wichtiges Stichwort. Wir wollen eine selbstkritische Perspektive einnehmen. Uns ist bewusst, dass wir auch als Team nicht divers genug sind, um alles immer mit im Blick zu haben. Deshalb hören wir zu. Wir wollen marginalisierten Personen einen Raum geben sich zu äußern. Minderheiten sind auch in unseren Räumen unterrepräsentiert und damit, dass wir einem intersektionalen Blick haben, möchten wir eine Sichtbarkeit von gefährdeten und verletzlichen Gruppen schaffen. Ihre Probleme und Herausforderungen sollen erkannt und benannt werden. Ihre Erfahrungen sollen sichtbar gemacht werden. Denn ein gelungenes Festival soll Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für alle Teilnehmenden bedeuten.
Auch wenn uns bewusst ist, dass dies nicht von einem Tag auf den anderen gehen kann und wir 2021 noch nicht soweit sind alle Barrieren abzubauen, so wollen wir sie erkennen, benennen und nach außen kommunizieren.
In dem Sinne: Lasst uns alle gemeinsam unsere eigenen Privilegien reflektieren und intersektional denken.
Von Mirrianne Mahn | Awareness-Team | Beauftragte für Diversitätsentwicklung am KJTZ